1. Zeitplan definieren und einhalten

Ein standardisiertes Vorgehen hilft dem Projektleiter dabei, die nötigen Phasen und Schritte der Ausschreibung mit den entsprechenden Entscheidungspunkten schnell zu verstehen und in den Projektplan zu integrieren. Nicht wenige Aktivitäten können dabei parallel erledigt werden. Beispielweise kann parallel zum Request for Information (RFI) an der Struktur und den Inhalten der Ausschreibungsunterlage oder an der Bewertungsmatrix gearbeitet werden. Dennoch ist der kritische Pfad aufgrund der Schritte wie der Erstellung des Request for Proposal (RFP), der Antwortphase des Providers, der Auswertung durch den Kunden und Verhandlungen schnell transparent und verdeutlicht die meist unterschätze Gesamtdauer des Ausschreibungsvorhabens. Somit sind die Termine für Verhandlungen und Steuerkreise bereits klar und der Projektleiter kann in das Ressourcenmanagement einsteigen. Im Verlauf der Ausschreibung verfolgt er den Status und zwingt alle Beteiligten zu Entscheidungen. Das Einhalten des Zeitplans ist sehr wichtig. Nicht wenige Kunden geraten in die Zeitfalle und müssen daher mit dem bestehenden Provider verlängern, da die Zeit schlicht nicht gereicht hat. Aber auch bei Projekten wirken sich die Verspätungen oft verheerend auf den Projekterfolg und Business Case aus (cost of delay) und bei Outsourcing-Ausschreibungen verzögern sich die eingeplanten Effekte.

 

2. Den Einkauf einbinden und eng zusammenarbeiten

Bei unseren Projekten haben Fachbereiche und die Einkaufsabteilung immer gut zusammengearbeitet, jedoch begegnen wir in Umfragen und Lessons Learned immer wieder diesem Problemfeld. Die Folgen der fehlenden Kommunikation sind dann oft mit viel Aufwand verbunden. Neue Provider sollen kurzfristig in den Prozess eingebunden werden oder es muss nochmals ausgeschrieben werden. Um dies zu vermeiden, sollte der Fachbereich den Einkauf von Beginn an einbinden und einen Vertreter in die Projektorganisation mit aufnehmen. Eine offene und vertrauensvolle Zusammenarbeit sind eine Selbstverständlichkeit. Tricksereien, wie z.B. Prozesse geschäftskritisch darzustellen, obwohl diese es nicht sind oder einen Lieferanten fälschlicherweise als Engpasslieferanten zu bezeichnen sind absolut fehl am Platz. Wichtig ist, dass der Einkauf das anstehende Thema versteht, der geplanten Ausschreibungsmethodik und den Entscheidungspunkten zustimmt und zusammen mit dem Fachbereich die Provider Longlist erstellt. Im laufenden Prozess sprechen Einkauf und Fachbereich in wichtigen Fragen mit einer Stimme zu den potenziellen Providern.

 

3. Nicht zu viele Anbieter

Häufig starten Kunden mit einer Longlist von wenigen Providern und sortieren bis zum Ende des Prozesses kaum einen Provider aus. Dabei machen sie gleich zwei Fehler: Die Lonlist zu Beginn des Projektes sollte entlang bestimmter Kriterien erstellt sein und wirklich alle potenziellen Provider auflisten. Danach müssen Anbieter, die keine realistische Chance haben, konsequent aussortiert werden. Schon vor dem Versand des RFI können Informationen (Screening) über beispielsweise 20 Provider gesammelt werden und ein erster Down-Select erfolgen, so dass noch 6 Provider am RFI teilnehmen. Nach einem weiteren Down-Selects wird der RFP an 4 Provider verschickt und mit 2 wird verhandelt. Dieses konsequente Aussortieren erfordert Entscheidungen und bedeutet auch, dass in jeder Phase die wichtigen Fragen geklärt werden müssen. Es soll ja nicht der für das Vorhaben geeignete Provider unwissentlich aussortiert werden.

 

4. Marktkonforme Gewerke

Gerade bei Outsourcing-Projekten ist es wichtig, dass sowohl das Volumen der extern zu erbringenden Services als auch die Leistungsschnitte marktkonform ausgeschrieben werden. Häufig werden die Volumina als Ergebnis der Sourcingstrategie oder einer Analyse der Applikationen und Services als gesetzt hingenommen. Aber gerade hier ist zu hinterfragen, ob das Volumen für potenzielle Provider zu gering ist, spezialisierte Dienstleister aber überfordert, da sie gewisse Teile nicht abdecken können. Darüber hinaus ist den Kunden zwar bewusst, dass ihre Prozesse und Services teils individuell sind und nicht den am Markt üblichen entsprechen, denken aber gar nicht daran, diese innerhalb des Projektes neu zu schneiden. Sicherlich, die Provider werden sich an die Bedürfnisse des Kunden anpassen, jedoch entstehen im Ausschreibungsprozess so oft Missverständnisse. Die Leistungen müssen somit aufwendig abgegrenzt werden und die Provider können nicht ihre bewährten Methoden, Prozesse und Kalkulationen einsetzen.

 

5. Übersichtliche Vertragsunterlagen

Häufig verlieren Projektleiter viel Zeit mit dem Sichten vergangener Ausschreibungen. Ist dann ein brauchbares Template gefunden, wird dieses rasch befüllt. Im Laufe der RFP-Erstellung stellt sich dann heraus, dass dieses doch weniger geeignet ist. Die frühere Ausschreibung hatte beispielsweise HR-Themen betroffen und daher liegt ein Schwerpunkt auf der Bearbeitung personenbezogener Daten. Löscht man nun diese Passagen einfach? Was passiert mit den Bezügen? Darüber hinaus entdeckt man Widersprüche oder es sind Standards beschrieben, die an verschiedenen Stellen im Vertrag unterschiedlich beschrieben sind, obwohl man hier besser mit Referezen gearbeitet hätte. Dieses Durcheinander führt schnell zu einem Chaos und zu einer Kostenexplosion. Darüber hinaus sind Experten mit dem Beschreiben bestimmter Anforderungen schon genug beschäftigt und wollen sich nicht lange mit der Struktur des RFP auseinandersetzten. Starten Sie daher mit einer gut strukturierten Vorlage, die flexibel ist und es Ihnen ermöglicht, gewisse Module einfach wegzulassen. Das alles erleichtert nicht nur die Erstellung, sondern auch die Aufwände für Analyse, Vergleich und spätere Verhandlungen.

 

6. Aufwand für die Provider gering halten

Wie beschrieben führt ein zu langes unnötiges Mitziehen von Providern als auch zu umfangreiche Ausschreibungsunterlagen zu hohen Aufwänden auf beiden Seiten. Darüber hinaus stellen Kunden zum RfI bereits Unmengen an Daten zur Verfügung und fordern die Provider auf, ihr Konzept vorzustellen. Die Ergebnisse sind oft nicht vergleichbar, da einige Anbieter die Aufgabe detailliert, andere hingegen diese nur generisch beantworten. Auch in den Ausschreibungsunterlagen ist immer zu hinterfragen, wie viel Aufwand die Abklärung dieser Anforderung und die damit verbundene Auswirkung auf den Preis verursacht. Es sind oft kleine Formulierungen zur Absicherung auf Kundenseite, die vom Provider bewertet und geschätzt werden müssen. Und nicht zuletzt wird von Anbietern verlangt, die in einem Datenraum abgelegten Beschreibungen der Applikationen und Prozesse durchzugehen. Dabei wird vergessen, dass diese teils veraltet und unvollständig sind und die Provider großen Aufwand haben, all diese Daten durchzuarbeiten. Ziel der Provider ist es dann häufig nur, gewisse Risiken zu minimieren (dazu wäre aber eine Due Dilligence im späteren Verlauf geeigneter) und ein Mengengerüst zur Kalkulation auf Basis der Daten zu erstellen. Einfacher wäre es, all die Details zum Ist-Zustand selbst grob zusammenzufassen und ein Mengengerüst zu erstellen und Aussagen darüber zu treffen, welche Veränderungen dieser Mengen in den nächsten Jahren möglich sind. Allgemein ist immer daran zu denken, dass beide Seiten, Kunden und Provider, den Fokus auf die wichtigen Punkte während der Ausschreibung legen. Ein unnötig aufgeblähter Prozess sorgt am Ende für höhere Preise, die letztlich der Kunde bezahlt.

 

7. Lösungsoffenheit ermöglichen

Unsere Erfahrung ist, dass Kunden zu genau beschreiben, wie Provider gewisse Dinge zu erbringen haben - möglicherweise führt auch die typischen Art von Ausschreibungsunterlagen hierzu. Natürlich ist es notwendig, sämtliche rechtlichen Aspekte und die Zusammenarbeit zwischen Kunden und Provider genau zu beschreiben, jedoch ist an vielen Stellen dieses genaue und detailliert Beschreiben gar nicht sinnvoll, da es die Provider bremst, ihre davon abweichenden Konzepte, die sie aber am Markt und bei anderen Kunden erfolgreich anwenden, vorzustellen. Das Übernehmen dieser wäre aber erforderlich, um eine Win-Win Beziehung aufzubauen und die damit verbundene Kostensenkung für ihr Vorhaben zu nutzen. In andern Fällen sind sich Kunden gar nicht sicher, wie der Fit/Gap des neuen Releases gelingen kann – dann sollte nicht lange überlegt werden, sondern möglichst genau die gewünschte Leistung beschrieben werden (d.h. "was ist zu tun, was sind die Mengen, was ist der Scope, wo sind die Übergabepunkte und welche Qualität ist gefordert"). Letztlich ist es ja die Aufgabe des Dienstleisters, den Kunden den richtigen Weg dorthin aufzuzeigen.

 

Fazit:

Ausschreibungen erfordern das richtige Tool-Set und müssen gesteuert werden. Erfolgsfaktoren sind marktübliche Gewerke, eine Lösungsoffenheit und ein maßvoller Umgang mit den Aufwänden auf beiden Seiten. Ein Sourcing Advisor kann hier große Dienste leisten und wird seine Kosten möglicherweise schon während des Ausschreibungsprozesses wettmachen.

 

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