Fehlende Vorlagen für Vertragsdokumente sorgen für großen Aufwand, aufgeblasene Tool-Sets sind Komplexitätstreiber – beide Situationen führen schnell ins Chaos.

Wir haben in 2015 mehrere Interviews mit Projektleitern geführt, die Ausschreibungsvorhaben mit Volumina in Höhe von 0,5 bis 3 Millionen EUR durchgeführt hatten. Das Feedback zu den vorhandenen Methoden und Tools deckte sich dabei mit Erfahrungen, die wir selbst schon gemacht hatten: Meist existieren keinerlei Templates oder diese sind derart aufgeblasen, spezifisch, veraltet oder widersprüchlich, dass in jedem Fall ein großer Einarbeitungsaufwand bleibt – und das in einer Phase des Projektes, wo seitens des Projektmanagement allerhand zu tun ist. Erfahrene Projektleiter bleibt dann nur, das Rad neu zu erfinden und Neulinge müssen sich erst einmal in den Ausschreibungsprozess einarbeiten. Eine gute Dokumentation und ein skalierbares Tool-Set mit Best Business Practices würde allen helfen.

Das Fahrwasser eines Tankers nutzen?

All dies in ein paar Tagen zu erstellen würde nicht gelingen. Es ist daher ein eigenständiges Methodenprojekt erforderlich oder die Umsetzung gelingt im Fahrwasser einer größeren Ausschreibung. Denkbar wäre, das Methodenprojekt noch vor der geplanten Ausschreibung durchzuführen bzw. dem Ausschreibungsteam mehr Zeit als üblich zur Verfügung zu stellen. Obwohl dieses Vorgehen der sinnvollste Weg wäre, ist dies in der Praxis kaum realisierbar. Daher empfiehlt es sich, das Methodenprojekt im Nachgang einer Ausschreibung zusammen mit dem darin beteiligten Ausschreibungsberater angegangen wird. Das methodische Vorgehen und die entsprechenden Dokumente werden dann verallgemeinert und Sie können die gewonnenen Kenntnisse und Erfahrungen der Beteiligten nutzen.

Die Konzeptionsphase

Nach Interviews und einer detaillierten Analyse vergangener Ausschreibungen werden die Ergebnisse festgehalten. Bestandteil dieses Dokuments ist es auch zu dokumentieren, welche Themen in welchen vergangenen Ausschreibungen verwendet wurden. Es kann so als Nachschlagewerk dienen. Diese Informationen werden nun mit den Kundenprozessen und Regelungen (wie Allgemeine Einkaufsbedingungen) und den marktüblichen Vorgehensweisen kombiniert und münden in ein Konzept zur Standardisierung des RFP.

Die Umsetzung

Danach folgt die Umsetzung und damit verbunden viel Abstimmungsaufwand und Detailarbeit: Die Einführung oder Anpassung des RFP-Prozesses, der Aufbau einer Struktur des RFP inkl. Namenskonventionen, die Definitionen aller Begriffe und die Vereinheitlichung dieser in Prozessbeschreibungen und RFP, das Erstellen von Word und Excel Templates (z.B. zur RFP Erstellung und Providerbewertung), Dokumentationen, eine Übersicht aller bestehenden Dokumente (die in der Verantwortung anderer Abteilungen liegen, aber im Prozess benötigt werden) und das Erstellen von Vertragsinhalten, die möglicherweise in vergangenen Projekten so erarbeitet wurden und übernommen werden können.

Der Nutzen

Für die Kunden entsteht ein großer Nutzen: Ausschreibungen können schneller und damit kostengünstiger durchgeführt werden. Das Framework und die vereinheitlichten Begrifflichkeiten sorgen für Klarheit, ein besseres Verständnis und eine bessere Kommunikation. Darüber hinaus können sich Kunden und Ausschreibungsberater auf die wesentlichen Themen der Ausschreibung konzentrieren.

Haben wir Ihr Interesse geweckt?
Im zweiten Teil dieses Artikels beschreiben wir die häufig verwendeten Bestandteile unseres Tools-Sets. So erhalten Sie eine klare Vorstellung der praktischen Umsetzung.

  • Der Ausschreibungsprozess beschreibt die Phasen der Ausschreibung und die Aufgaben der jeweiligen Rollen. Er nutzt dem Projektleiter und wird von ihm wenn nötig angepasst.
  • Die Struktur des RFP ist durch eine einfache Ordnerstruktur abgebildet, dies ist sozusagen das Inhaltsverzeichnis des RFP. Meist gelingt es uns, die Struktur des RFI, des RFP, des Vertrages und die der Providerbewertung zu harmonisieren. Durch die Struktur ergeben sich klare Trennlinien: Wer ist für diesen Ordner verantwortlich? Behandelt er Standards oder Spezifika? Sind die Inhalte optional?
  • Das General Framework Dokument ist das Rahmenwerk des zukünftigen Vertrags und leitet den Leser auf die unterschiedlichen Dokumente der jeweiligen Ordner, darunter allgemeine Dokumente wie Einkaufsbedingungen und die vom jeweiligen Ausschreibungsteam zu befüllenden Dokumente. Darüber hinaus beschreibt es grundsätzliche Themen und spezielle Regelungen, wie z.B. zur Vertragslaufzeit, zur Kündigung, zum Exit Management oder zum Änderungs- oder Eskalationsverfahren.
  • Eine schnelle Anpassbarkeit des Tool-Sets ist eine wichige Anforderung, schließlich soll es für Ausschreibungen zu Projekten, Enhancements, dem Betrieb von Applikationen oder Kombinationen daraus zur Anwendung kommen. Meist erstellen wir eine Übersicht, die erklärt, welche Dokumente in welchen Verträgen benötigt werden oder überflüssig sind. In den jeweiligen Textpassagen kennzeichnen wir durch zwei Rauten "##", welche Erklärungen für den jeweiligen Vertragstyp benötigt werden oder entfallen können. So bedeutet "##Maintenance" beispielsweise, dass die folgende Formulierung üblicherweise nur in Ausschreibungen mit Maintenance-Anteil benötigt wird.
  • Bestimmte Begrifflichkeiten wie RELEASE, BASE CHARGE, PROJECT RESULT oder SERVICES werden im Definitionen-Dokument an zentraler Stelle einmal definiert. Dies vermeidet ein Begriffswirrwarr, sich wiederholende Erklärungen im Vertragstext und sorgt für Verständlichkeit bei allen Beteiligten.
  • An einigen Stellen ist es nicht sinnvoll, Vertragstexte zu definieren, da die Themen zu spezifisch sind. Viele unserer Kunden berichteten aber, dass es für Sie beim Erstellen eines Vertragstextes sehr schwer war, "mit einem weißen Blatt zu beginnen". Daher bieten wir an diesen Stellen aus bekannten Ausschreibungen mögliche Herangehensweisen und Texte an, sogenannte Best Business Practices (##BBP).
  • Wir arbeiten nicht wie häufig vermutet mit einer Software oder Datenbank. Unser RFP Dokument besteht aus mehreren Word-Dokumenten. Kunden und Provider sind damit vertraut und scheinbare Nachteile gleichen wir durch Makros aus. Diese zählen beispielsweise vom Provider abgelehnte Textpassagen oder verwandeln das Verhandlungsdokument per Knopfdruck in einen Vertragsbaustein.
  • Alle Anforderungen sind mit einer ID versehen. Bei Hinzufügen weiterer Anforderungen werden diese nicht neu nummeriert. So können Passagen in allen RFPs schnell gefunden und verglichen werden.
  • Das Tool-Set sollte jährlich aktualisiert werden. Bei dieser Vertragspflege liegt dann der Fokus auf den Änderungen mit dem höchsten Nutzen. Hierzu können die Verhandlungsdokumente (dies ist aufgrund ihrer Struktur leicht möglich) und die am Ende jeder Ausschreibung befüllten RFP-Toolbox-Feedback-Dokumente ausgewertet werden. Mit ihnen wurde festgehalten, welche Passagen Probleme bereiteten und wo noch Lücken sind.

Wir hoffen, Ihnen einen Einblick gegeben zu haben. Die Kunst besteht darin, so viel Tool-Set wie nötig zu implementieren und nicht mehr.

Nutzen Sie unsere Erfahrungen in der Analyse und Konzeptionsphase Ihres Ausschreibungstoolsets. In der Umsetzungsphase eignen wir uns als Experte und Umsetzungsbegleiter.

Sollten Sie Fragen haben, so schreiben Sie direkt an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

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